Literaturland


Simon Enzler

Du sollst nicht fluchen

2016

Häässt jo all: Du sollst nicht fluchen, göl … Wobei: wieso enad nüd? Me tuet denn siche nüz Tömmes. Oder? I meenä, wenn enn konsequent nüd fluecht, aber paralöll dezue en blöde Sausiech ischd, denn hets em jo au nüz proocht. Oder? Also denn vill lieber allewilä recht sackeremels ommäflueche ond deför e chli en Feingeischt see, göl … e chli fiziseliert … wie zom Bischpil ii, göl … Ond ii menä, i fluech jo eigentlich, wenn mer s emol gnau nent, fluech i jo gä nüd ase satansvill. Aber wenn, denn men i s wenigschtens ehrlich. Ond das velang i au vo minä Mitmenschä! Ehrlichkeit ond Aufrichtigkeit! Mee isch doch vill lieber, wenn mer en grad usi, ond zwor i beschtä Absicht, säät, i sei en chrüzwettertommä Sauschnori, als wenn er s nüd emol tenkt … ond (!) mer gliichzitig i d Lavärä ini lacht. Dä huerä Hüüchler dä …!

Jesses, sövl Lüt wie meer tagtäglich grundlos zmetzt ini … göl, tirekt is Angesicht ini lachid ond schtinkfrech eso Sache sägid wie zom Bischpil «Grüezi» oder «Ah, schöö, dass me Si au wider emol gsiet, das ischd jetzt en Öberraschig!»… Öberraschig, Öberraschig, am Födlä hönnä Öberraschig, du phantasiilose Sautotsch du! Do sönd doch mindeschtens 90 Prozent vo dene, sönd doch alls denä velogni huerä Pharisäer … sönd das! Do mach i mer doch gär nüz vor. Äh chomm, isch doch öpä gliich ghüüchled, wie wenn en Polizist zo mer säät: «Es ischd no i dä Toleranz … bitte, Si töfid witer fahrä.» Denn ment er eigentlich «Wat no! Nöchscht Mol vewütsch di, du himmeltruurigä Bosidant du, nüzigä». Aber denn söll er s doch au säge, ond zwor genau, wien er s ment, offe, ehrlich, transparent. Mit demm han i ke Problem. Problem han i hingägä mit bewaffnätä Lüt, wo s Gfühl hend, si mösid eso künschtlich fründlich see. Das ewaat i gä nüd vo ennem mit eme volle Magazin. Vo me Bluedhond ewaat i schliesslich au nüd, dass er Birchermüesli fresst, oder?

Oder dä Typ vom Schtüüramt, dä isch … nett gsee! … joo dä het mer mit sinem fründlichä ond zuvorkommendä Onderton, mit sine latente Menschlichkeit het dä mer schogää richtiggehend Hoffnig gmacht. Ond nochhär … he? … die Schtüürrechnig, wo dää mer hinterrücks mit A-Poscht … gschickt het, wa häässt doo Schtüürrechnig? Das isch dä blanke Zynismus! Das isch di pure, papiergewordene Menschenverachtung … isch das gsee … dä huerä Seckl dä! I meenä, nüd dass die Rechnig nüd gschtomme hett, die het schogää sehr wohl im Detail … het die gschtomme, aber denn söll er mer das imä aagmessnä Ton aachöndä! Hett er halt gsäät: «Ha, jetz ha di am Arsch, jetzt kommt der Aderlass, du elendä Landfuuler du!». Denn hett i mi wenigschtens moralisch chöne druf vorbereite … ond au finanziöll! Jo denn hett i siche nüd no Feeri puechäd im Berner Oberland … denn wäär me halt in Bregenzerwald usi.

Aber nei, i schtand im Baumarkt vor erä mindeschtens föfzäetuusigfränkigä Schneeschleuderä, zor Sicherheit emol di gröösser als de Nochbur het … wel i jo tenkt ha, hä, die liit jo no locker drön … jo sös vetommed si s doch gad fö die Polschtergruppä, wo mer scho set zeä Johr druf schpärid … I demm Moment  … wenn me vo dä Frau schwätzt, denn lüüted si aa ond vezöllt äbä vo därä Schtüürrechnig i dä Vomittaags-Poscht. Fö mii ischd buechschtäblich e Wölt zemäkeit … nüd gnueg, dass mi das Beamtähirni unter Vortäuschung falscher Tatsachen animiert het, in ä motorisierti Löösig fös Schorä vom Vorplatz z inveschtierid, nei, uf em Heeweg ischd mä dä Sauchog au no vekoo, im Auto, ond het me eso süffisant … eso hinterhältig ond hämisch … het dä mer … zuegnickt! Dä nüzig truurig huerä Bleisatan dä … Aber s Schlimmscht isch gsee, dass er, won er mini neu Plastikschneeschuflä … jo, e simpli, saublödi, chineeseschi Plastikschneeschuflä … fö meh het s halt nommä glanged! … won e die uf em Tachträger obe gsee het … het dä Drecksack au no in ärä höchscht aggressivä Art ond Wiis … sini vetammtä huerä Augebraue glopft! Dä vefluemeret, vetaseret, sibäbleileidig Tintäfass-Söffl, dä truurig! Isch doch wohr! … Do bisch du enere derig massivä … schtaatlichä Willkür eso schutzlos usgsetzt, do weer me sich doch au no töfä adäquat ufregä … Heilandsacknomol!

Tschuldigung … das ischd jetz villicht glich e chli scharf gsee. I wääss, söt me nüd säge … Heilandsack … tuet mer leid. Ischd au historisch völlig unkorrekt, Heilandsack, wel dä Heiland ischd jo nüd mit emä Sack i d Wüeschti zogä … sondern doo scho mit ärä Reisegoffärä … (Lacht) Chlinnä Witz gsee … Nei, etz im Ernscht: Was jo vill Lüt gär nüd wessid, ond das sönd meischtens die, wo sägid: «Jo doo de Komiker vom Fusse des Alpsteins, dä wäär jo scho no … aber e flueched halt e chli vill …» Em Födlä hönne fluech i vill, … i fluech nüd vill, i fluech maximal d Hölfti. Di ander Hölfti ischd ganz nebis anders. Wel Fluechä an sich, also richtigs Fluechä … wie äbä das Bischpil Heilandsack wunderbar zääged, ischd jo im Grunde nebis tüüf Religiöses. Ond drom jo au nüd schlecht, wel: isch jo religiös. I mä richtigä Fluech innä moss nemlich per Definition zwingend mindeschtens dä Herrgott, sini Vewandtä, e paar Heiligi oder wenigschtens d Requisitä, wie s z Tod choo sönd, vorchoo. Denn ond no denn isch es en richtige Fluech, wo das Label au vedient het. Alls ander, ond do get s eine breite Palette wie zom Bischpil … Schofseckel … herrlich, oder Tubelaffsiech, oder ganzi Konschtrukt wie du huerä Pflutschguugä, du elendi … das wet übrigens sehr viel gmacht bi öös, dass me nebis hönne noi schiebt zo klare Deklaration … du Pflutschguugä, du elendi … das macht das Ganz e chli farbiger, joo, au menschlicher … aber, eso schöö, as die Begrefflichkeite sönd, si sönd tatsächlich ke Flüech im religiösen Sinne. Haa, wel eso en Schofseckel oder en Tubelaffsiech ischd allerhöchschtens ä Beamtäbeleidigung. Wobei,  je noch Amt … nüd emol seeb.


Typoskript 2016.

Publiziert in: «Ich wäre überall und nirgends». Appenzeller Anthologie. Literarische Texte seit 1900. Herausgegeben von der Ausserrhodischen Kulturstiftung. Schwellbrunn: Appenzeller Verlag, 2016. S. 479–480.