Literaturland


Werner Lutz

Gedichte

1996

Unermüdlich gegraben
und nur Dunkelheit ans Licht gebracht

 

Stille kann man auch trinken
und süchtig werden davon

 

Es kratzt sucht drängt unter der Haut
gibt keine Ruhe und doch wäre die Ruhe
auch ein Ziel

 

Schlamm Dreck Leben
alles wirft sich plötzlich auf mich

 

Um wieder Luft zu bekommen
schreibe ich spät im November
ein Sommergedicht
offen und mit freier Sicht

 

Unverdrossen irren herrlich fluchen
in allen Farben fluchen

 

In jemand anderem erwachen
und dort die Hoffnung losbinden

 

Ein Blau mischen das kopfhoch ruft

 

Linien ziehen
warten bis sie zu atmen anfangen
sich bewegen
und eintauchen ins Gedränge
das sie umgibt

 

Tiefe Atemzüge pflügen die Äcker

 

Eine Wegvernarrtheit eine Schuhsohlenseligkeit
Flügelschritte
dem Tag um Tage voraus


Publiziert in: «Ich wäre überall und nirgends». Appenzeller Anthologie. Literarische Texte seit 1900. Herausgegeben von der Ausserrhodischen Kulturstiftung. Schwellbrunn: Appenzeller Verlag, 2016. S. 64–65.

Erstpublikation: Werner Lutz: Die Mauern sind unterwegs. Gedichte. Zürich: Ammann, 1996. S. 41–43.