Waschen Sie sich, bevor Sie mit ihrer Arbeit beginnen oder zur Arbeit fahren?

Eine Frage, mit der wir uns vor einem Jahr in einem Kurs am Schweizerischen Literaturinstitut beschäftigten. Und da soll mal einer sagen, Schriftsteller_innen sässen in ihrem Elfenbeinturm… Auch bei uns geht es zuweilen höchst praktisch zu und her!

Das Thema kam auf, weil Roland Barthes in seinem Buch “Die Vorbereitung des Romans” den französischen Schriftsteller Balzac zitiert, der die Meinung vertrat, man solle sich nicht waschen vor der Arbeit. So nahm Balzac selbst sein Bad immer erst am Abend, nach getaner Arbeit – also nach dem Schreiben. Warum dem täglichen Duschen so viel Wichtigkeit zugesprochen wird, mag nicht für jede_n auf den ersten Blick ersichtlich sein. Ich finde es sehr plausibel, und meine Devise (als Morgenschreiberin) lautet:

Will ich aus der Intuition schöpfen, den Zustand zwischen Schlaf und Wachsein nutzen, mich in diesen unsagbaren Raum des Schreibens begeben, in dem es wie von alleine denkt, dann wasche ich mich am Morgen nicht. Im Idealfall komme ich erst zurück ins Wachsein, wenn ich gegen Mittag einen unguten, scharfen Geruch wahrnehme. Meinen eigenen.
Will ich aus dem Bewussten schöpfen, einen Text durchdenken, am Handwerk schleifen, dann wasche ich mich vor der Arbeit jedoch gründlich. Denn sauber denkt’s sich gut.

Probieren Sie es aus. Beeinflusst der Waschgang Ihre Kreativität? Ich bin gespannt auf Ihre Erläuterungen!

– Laura Vogt