Konkurrenz vs. Mitstreiter

Als Schreibende finde ich mich immer wieder in Wettbewerbssituationen, werde verglichen, beurteilt, belohnt oder ignoriert. In gewisser Weise ist dies Teil des Berufs, schliesslich versuche ich mich auf einem Markt zu behaupten, und die freie Marktwirtschaft beruht nun mal auf Wettbewerb. Erscheint ein Buch von mir, muss ich mich mit tausend anderen messen. Im Theaterbereich sind es einige weniger (wenn wir die Alten, zumeist Toten, also Shakespeare, Tschechow, Beckett etc. nicht mitrechnen), aber es gibt auch bedeutend weniger Platz auf dem Markt. Ich oder die anderen, so ist es nun mal. Ganz markant tritt das zutage im wortwörtlichen Wettbewerb, von denen es auch für Schreibende genug gibt (man beachte den aktuellen Schreibwettbewerb vom Amt für Kultur, ausgeschrieben weiter oben auf dieser Seite). Wenn wer anders gewinnt, gewinne ich nicht. Natürlich will ich aber lieber selbst gewinnen. Und das macht die anderen Teilnehmenden zur Konkurrenz. Klingt eigentlich logisch. Nur schön, das klingt es nicht.

Eine kleine Anekdote hierzu: Vor knapp vier Jahren befand ich mich in einem solchen Wettbewerb, mein Text wurde als einer von vieren für ein Live-Lektorat ausgewählt. Spannende Sache. Als ich am Ort des Geschehens eintraf, wurden mir die anderen Schreibenden vorgestellt. Ein Kollege begrüsste mich dann auch sogleich mit: „Ah, die Konkurrenz.“ Meine Entgegnung war: „Ich bevorzuge den Ausdruck Mitstreiter.“

Als Schreibende begegnen wir immer wieder den unterschiedlichsten Hindernisse auf unserem (Berufs-)Weg. Angefangen mit Selbstzweifel, weiter über Kritiken bis eben zum freien Markt, in dem so manches Buch gern untergeht. Wollen wir uns da tatsächlich auch noch gegenseitig im Weg stehen? Als Konkurrenten? Ich sage: Nein danke. Ich chartere ein Boot und lade alle ein, mit mir darin zu sitzen. Als Mitstreiter in der gleichen Sache, verbunden durch unsere Passion oder unseren Beruf: Das Schreiben. Und sollten wir einen Gegner brauchen, um unsere Verbundenheit zu stärken, dann schlage ich hierfür die Eitelkeit vor. Die steht nämlich niemandem von uns all zu gut.

Rebecca C. Schnyder