Das Stallradio und andere Transportmittel

Staubig, von Fliegen umschwirrt, aber untödlich düdelt das Stallradio vor sich hin. Seit Jahren hängt es in der Ecke, weit oben, damit es keine Kuhfladenspritzer abbekommt, und spielt Streichmusik und Hudigääggeler ab. „Die Kühe lassen die Milch besser runter mit Musik“, verrät der Bauer, „am besten mit Zäuerli.“

Dieses Verhalten spricht für die Kühe und ist gut nachvollziehbar. Ob Milch oder Text: Den Weg zur Literatur beginnen auch wir Menschen – wenn wir Glück haben – mit Musik, mit Liedern, die uns vorgesungen werden. Die Kühe bleiben in diesem Stadium zufrieden stehen, wir Menschen aber sind auch von allem inspiriert, was noch dazukommt: Verse und Reime als Sprachmusik, Bilderbücher, in denen sich der Erzählton mit dem Bild verbindet und schliesslich die neuen Welten, die wir irgendwann selbst erlesen und beschreiben können, in Sprachbildern und Sprachtönen.

So wie die Kühe haben auch wir Schreibenden unsere ganz persönlichen Prozessoren: Ich kenne eine Autorin, die ein GA besitzt und im Zug richtige Schreibräusche erlebt. Wenn alles in Bewegung sei rundherum, sagt sie, dann fliesse es auch bei ihr. Andere wählen das Café – mag sein, dass das funktioniert, mein Ding wäre es nicht; ich lasse mir nicht gern über die Schulter blicken beim Schreiben, Streichen und Dümpeln. Auch Musik während des Schreibens hat wohl  eine Wirkung – aber ich bevorzuge Ruhe, Rückzug und warme Füsse.

Trotzdem kann es interessant sein, hier zu experimentieren und sich erschwerten Bedingungen auszusetzen: Ich habe eine Passage aus meinem Roman auf dem Sofa geschrieben, rundherum lümmelten Mann und Kinder, dazwischen machte eine Chipstüte die Runde, und vorne lief ein Fussballmatch am TV. Es hat funktioniert – zumindest merkt man es dem Textstück nicht mehr an. Wozu das gut sein soll? Erstens liegt die Realität nicht immer beim Ideal. Zweitens weiss ich von einem Autoren, der vor dem Schreiben in einen klar umrissenen „Bohème-Modus“ kommen muss: Schreibstube mit Ausblick, Hermes Baby, Filtermaschine, ewig Zeit und das Gefühl, dass auch Goethe für seine genialsten Texte nicht mehr und nicht weniger gebraucht hat. Das ist zwar beneidenswert – wer hätte das nicht gern, dieses Schweben über den Dächern der Wirklichkeit? – aber die meisten müssen es auch ein Stockwerk weiter unten können. Wer das schafft, kommt immerhin zu einem Satz dann und wann.

Und weil ich finde, dass nicht alles so ernst zu nehmen ist, nur weil es geschrieben steht, gebe ich hier noch einen bruitistischen Eindruck von meinem Balkon (man kann ihn auch überscrollen und sich mit der weit wichtigeren Frage im unten stehenden Blog befassen, worüber man schreiben soll und darf oder muss, und wie):

kchchchch kroooOOOOOM

KROOOOOOOOOOM

sächzeTAGESprognose TOGG

TOGG düdldüdl TOGG düdl glugluglu KLÄGGlägläg

SUNE düdludl üdlüdlüdlügügl ü  KLÄGG

braaaaaaaAM BRAM BARAAAAAAM HÄKSCH SCHÄGG SCHÄGGschägghahahaheha

sune bedekt bedekt NUNO SUNE BRAaaaam

IMR SUNE glüglüglü duu düglügügldu düdudududldu

– Eva Roth